Ängste zu haben ist etwas ganz Natürliches und kann sogar überlebenswichtig sein.

Wann ist jedoch das normale Mass an gesunder Angst in einer Beziehung überschritten? Wer unter Verlustangst leidet, fürchtet sich vor dem Verlassenwerden wichtiger Bezugspersonen. Es muss nicht einmal ein Risiko bestehen, um dieses Gefühl entstehen zu lassen. Das Gehirn ist schon seit der Kindheit auf Verlust geschult und sucht somit immer wieder nach fiktiven Möglichkeiten, um dieses Muster bestätigen zu lassen. Verlustangst kann in Partnerschaften wie auch in Beziehungen mit Freunden oder der eigenen Familie auftreten.

Die Verlustangst entsteht häufig im Kindesalter durch einschneidende Erlebnisse wie zum Beispiel dem Verlust einer Bezugsperson (mangelndes Urvertrauen) oder Bezugspersonen, auf die sich das Kind nicht verlassen konnte (mangelnde Liebe und Sicherheit). Oft wird dem Kind nicht beigebracht, wie es mit den verängstigenden Gefühlen umgehen und diese verarbeiten kann. Im Laufe des Lebens machen wir ganz unbewusst weitere Erfahrungen, (zum Beispiel der beste Freund zieht weg, ich kann mich auf keinen Mann/Frau verlassen) die die Grundängste immer wieder als selbsterfüllende Prophezeiung bestätigen und die sich somit als eigene Wahrheit verfestigen. Erklärungen zu den entsprechenden Gehirnaktivitäten findest du in diesem Link.

Folgende Zeichen können auf eine Verlustangst hinweisen:
Klammern: Um die Bezugsperson nicht zu verlieren, wird das eigene Leben nach der Bezugsperson ausgerichtet und die eigene Unabhängigkeit aufgegeben.

Ungesunde Eifersucht (Partnerschaft): Wie viel Eifersucht ist normal? Dies kommt sehr auf die Beziehung und das Verhalten der Partner in der Beziehung an. Eifersucht kann sich unter anderem auch in einem Kontrollzwang, heimlichem Nachspionieren oder auch häufigem Grübeln über die Partnerschaft zeigen.

Folgende Aspekte können dir helfen, den Umgang mit der Verlustangst zu lernen:

  • Erforsche die Auslöser und die Ursachen der Verlustangst
    Überlege dir aufmerksam, in welchen Situationen du plötzlich eine Verlustangst, mit einer Dramatik von Todesangst, verspürst. Ist dies zum Beispiel immer der Fall, wenn du mit einer nahen Bezugsperson streitest oder in Disharmonie bist?

Der Auslöser der Verlustangst zu ermitteln ist sicherlich nicht ganz einfach. Hier kann auch eine professionelle Beratung eine grosse Hilfe bieten, um dir deiner Vergangenheit bewusst zu werden und diese aufzuarbeiten. Sobald du deine Vergangenheitsmuster verstanden hast, kannst du diese aktiv angehen, damit dich diese in der Gegenwart und der Zukunft nicht mehr unbewusst beherrschen können.

  • Offen über die Verlustangst sprechen
    Es ist essenziell, dass du offen über deine Verlustangst sprichst.
    Sobald du dich deinem Familien- und Freundeskreis oder deinem Partner mutig öffnen und deine Geschichte erzählen kannst, können dich diese Menschen unterstützen. Du könntest vereinbaren, dass dich diese Menschen liebevoll auf deinen blinden Flecken hinweisen dürfen, wenn du dich wieder im Angststrudel befindest und nach Bestätigung des Musters suchst.
  • Gedankenmuster ertappen und aktiv verändern
    Somit weisst du, wie die Abwärtsspirale der wiederkehrenden Worst-Case Gedanken passiert. Dein Gehirn hat so viele Synapsen für diese Vorgehensweise gebildet, dass die Gefühle und Gedanken in Sekundenschnelle aktiviert und somit von deinem System als richtig gewertet werden.

Du bist dir nun aber bewusst, dass du Verlustängste hast und wie diese dein Gehirn in Besitz nehmen. Ertappe dich bei diesen Gedanken und versuche, dich von den kindlichen Gefühlen zu distanzieren und dich als erwachsene Person mit Hilfe des rationalen Denkens deinem Muster bewusst zu werden.

  • Stärke deinen Selbstwert
    Laut der Bindungstheorie haben verlustängstliche Menschen oft Glaubenssätze wie: „Ich bin nicht gut genug“, „Ich muss mir Liebe verdienen“ oder „Mein Partner hat mich verlassen, weil ich es nicht wert bin, geliebt zu werden.“ Diese Glaubenssätze sind weit verbreitet und völlig falsch. Wenn du jedoch selbst glaubst, dass du nicht wertvoll bist, strahlst du dies auch aus (selbsterfüllende Prophezeiung).

Selbstwert vs Selbstwertgefühl
Frage dich einmal, ob es Menschen gibt, die minderwertig sind, wenn sie sich einfach nur minderwertig fühlen? Was sagt unser Selbstwertgefühl über unseren tatsächlichen Selbstwert aus? Hängt der Selbstwert eines Menschen wirklich davon ab, wie andere Menschen einen sehen oder ob wir Anerkennung im Job erhalten? Oder hängt der Selbstwert vielleicht von gar nichts ab, denn wir sind bereits als Baby wertvoll ohne jegliche Erwartungen erfüllt zu haben.

  • Löse dich von Abhängigkeiten
    Die Angst, das Leben alleine nicht bewältigen zu können, führt oft zu einer ungesunden Abhängigkeit zu Mitmenschen. Sei dir bewusst, dass du durch deine Vergangenheit glaubst, dass du ängstlich und abhängig bist. Doch durch das Wissen über die Verlustängste, kannst du willentlich an der Veränderung deiner Glaubensstruktur arbeiten.

Stärke deine autonome Seite und beweise dir immer wieder, dass du auf eigenen Beinen stehen und dich mutig neuen Herausforderungen stellen kannst. Somit verminderst du laufend deine vermeidenden Schutzstrategien, die dich in der Abhängigkeit halten. Du übernimmst Selbstverantwortung und verlässt dadurch die oft unbewusste Opferrolle. Weitere Informationen zur Stärkung deiner Selbstwirksamkeit findest du in diesem Link. 

Mut ist nicht, keine Angst zu haben,
sondern die eigene Angst zu überwinden.

Unbekannte Quelle