Das Konzept der Selbstwirksamkeit beschreibt die subjektive Überzeugung, gewünschte Handlungen aufgrund eigener Kompetenzen erfolgreich bewältigen zu können (Brinkmann 2014). Selbstwirksame Menschen sehen schwierige Aufgaben eher als Herausforderungen, die gemeistert werden können, und weniger als Bedrohungen, die gemieden werden sollten. Ob eine Person eine anspruchsvolle Aufgabe anpackt oder nicht, hängt also nicht ausschliesslich mit ihren Fähigkeiten zusammen, sondern vor allem damit, wie sie ihr Können einschätzt.

Die subjektive Erwartungshaltung beeinflusst, wie ein Individuum an Situationen und Aufgaben herangeht. Erwartet eine Person, eine bestimmte Aufgabe lösen zu können, wird sie alle ihre Möglichkeiten und Kompetenzen dazu nutzen. Diese Erwartungshaltung erhöht die Wahrscheinlichkeit, die Aufgabe erfolgreich zu bewältigen. Die Einstellung, etwas nicht zu schaffen, führt hingegen dazu, dass die Person die Herausforderung mutlos angeht, was die Wahrscheinlichkeit eines Misserfolgs erhöht.

Hält sich beispielsweise eine Mitarbeiterin für kompetent, ein Referat erfolgreich zu halten, und bereitet sie sich gut darauf vor, weil sie überzeugt ist, dass sich dies auszahlen wird, wird sie entsprechend selbstbewusst auftreten. Dies wiederum wird einen Erfolg wahrscheinlicher machen, der sie abermals in ihrem Selbstwirksamkeitserleben bestärkt.

Entstehung der Selbstwirksamkeit

Nach Bandura (1997) lassen sich vier Faktoren unterscheiden, welche die Selbstwirksamkeit aufbauen und stärken. Diese werden nachfolgend in absteigender Wichtigkeit beschrieben:

Eigene Erfahrungen (direkte Erfahrung)
Den wichtigsten Einfluss auf die Entwicklung unserer Selbstwirksamkeit hat die persönliche Erfahrung, eine Herausforderung durch eigene Anstrengung bewältigt zu haben. Diese Erfahrung bewirkt, dass wir uns auch in Zukunft für fähig halten, schwierige Aufgaben und Herausforderungen zu bewältigen.

Beobachtung (stellvertretende Erfahrung)
Das Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten steigert sich, wenn wir eine Person beobachten, die in einer vergleichbaren Situation durch eigene Anstrengung eine schwierige Aufgabe bewältigt. Dies gilt besonders dann, wenn uns die beobachteten Personen ähnlich sind.

Ermutigung und Zuspruch durch andere (symbolische Erfahrung)
Zuspruch von anderen im Sinne von «Du schaffst das!» stärkt ebenfalls das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten. Dabei ist wichtig, dass der Zuspruch von Menschen kommt, die wir als glaubwürdig einschätzen.

Körperliche und emotionale Empfindungen
Der emotionale Erregungszustand und die damit verbundenen körperlichen Empfindungen wie beispielsweise Herzklopfen oder Händezittern wirken sich darauf aus, wie wir eine Situation beurteilen und sie bewältigen. Positive Gefühle treiben uns an und fördern unsere Selbstwirksamkeit. Negative Gefühle hingegen hemmen uns und lassen uns denken, die Aufgabe nicht meistern zu können.

Selbstwirksamkeit als Ressource für die Gesundheit

Selbstwirksamkeit beeinflusst die Gesundheit positiv (u.a. Bengel & Lyssenko 2012). Sie hat nachweislich einen positiven Effekt auf:

Körperliche Reaktionen
Wie unter anderem Studien zum Umgang mit Stress belegen, reagieren selbstwirksame Menschen in bedrohlichen Situationen mit niedrigerem Blutdruck und schütten weniger Stresshormone aus als Menschen, die sich als wenig selbstwirksam erleben (Schwarzer 1998b). Dies hängt unter anderem mit der optimistischen Einschätzung eigener Handlungsmöglichkeiten zusammen.

Die psychische Gesundheit
Selbstwirksame Menschen führen Erfolge auf die eigenen Kompetenzen und Anstrengungen zurück und weniger auf äussere Umstände. Dies stärkt das Selbstwertgefühl, was wiederum das allgemeine Wohlbefinden und die Zuversicht positiv beeinflusst. Selbstwirksame Menschen sind eher überzeugt, Geschehnisse und Verhaltensweisen selber beeinflussen zu können. Sie bleiben in Stresssituationen ruhig, weil sie das Gefühl haben, die Situation zu kontrollieren und ihr nicht einfach ausgeliefert zu sein.

Das habe ich vorher noch nie versucht.
Also bin ich völlig sicher, dass ich es schaffe!
Pippi Langstrumpf

Quellenverzeichnis
Abderhalden, I., Jüngling, K. (2019). Selbstwirksamkeit: Gesundheitsförderung Schweiz, März 2019.
Online-Publikation: www.gesundheitsfoerderung.ch/publikationen. Abrufdatum: 18.10.2019.
Bandura, A. (1997). Self Efficacy: The Exercise of Control. 1997. Aufl. New York: Worth.
Bengel, J. & Lyssenko, L. (2012). «Resilienz und psychologische Schutzfaktoren im Erwachsenenalter». 43. Forschung und Praxis der Gesundheitsförderung. Köln: BZgA. https://www.bzga.de/botmed_60643000.html.
Brinkmann, R. (2014). Angewandte Gesundheitspsychologie. Pearson Deutschland GmbH. http://ebookcentral.proquest.com/lib/zhaw/detail.action?docID=5133516.
Schwarzer, R. (1998b). Stress and Coping Resources: Theory and Review. Verfügbar unter: http://userpage.fu-berlin.de/~gesund/publicat/ehps_cd/health/stress.html.